Meraner Höhenweg

Rundtour um die Texelgruppe in 5 Tagen

Der Meraner Höhenweg ist, meiner Meinung nach, der schönste Rundwanderweg in den Alpen. Er ist 93 km lang und bewegt sich zwischen 820 – 2895 Hm. Geübte Wanderer gehen ihn in fünf Tagen. Schwindelfreiheit und Trittsicherheit sind nötig bei Tagesetappen mit bis zu 24 km mit bis 8,5 Stunden Gehzeit und 1800 Hm im Auf- oder Abstieg. Hierfür ist eine gute Kondition gefragt. In Summe sind fast 9.000 Hm im Auf- und Abstieg zu bewältigen.

Am Samstag trafen sich acht Wanderfreudige am Parkbad. Mit zwei PKWs ging es über den Fernpass und das Timmelsjoch, nach Dorf Tirol, wo wir unsere PKWs beim Hotel „Tiroler Kreuz“ parkten. Die 400 Hm Aufstieg waren schnell geschafft, und wir kamen entspannt beim wunderschön gelegenen Gasthaus Talbauer (1270m) an, mit herrlicher Aussicht auf Meran. Zu acht in einem schönen 12er Stockbettzimmer mit eigenem Balkon. Da kann man nicht meckern.

Am Sonntag ging es nach dem Frühstück los auf dem Rundweg mit der Nr. 24, diese Nummer wird uns die ganze Tour begleiten. Unser Gasthof Talbauer liegt direkt am Rundweg. Der Meraner Höhenweg hat keinen typischen Anfang, man kann an jeder Stelle beginnen. Viele machen auch nur Teilabschnitte des Weges, da man an vielen Stellen leicht wieder ins Tal kommt. Die erste Etappe führte uns zur 13 km entfernten Hütte Nasereith (1520m), bei der wir ein schönes 8er Stockbettzimmer bekamen. Der Weg dorthin geht über herrliche Pfade immer auf und ab, so dass am Abend 700 Hm im Aufstieg und 500 Hm im Abstieg zusammen gekommen sind. Die Ausblicke über Meran und das Etschtal sind überwältigend.

Der zweite Tag führte uns über Giggelberg (Texelbahn) zum Pirchhof und an Katharinaberg vorbei zum 18 km entfernten Montferthof (1475m). Mit 7,5 Std. und 600 Hm im Aufstieg und 650 Hm im Abstieg war das schon eine Steigerung. Zwischen Hochforch und dem Pirchhof durchquert man den Lahnbachgraben, die 1,5 km breite, tiefe Schlucht der 1000 Stufen. Dies ist mit der interessanteste Abschnitt auf dem Höhenweg. Der Bio- und Demeter-Hof Montfert ist ein liebevoll gerichteter alter Bergbauernhof. Im Inneren glaubt man sich im Museum. Die 2- und 4-Bettzimmer sind ausgestattet mit eigenem WC und Dusche. Hier muss man Rast machen bei freundlichen Wirtsleuten und gutem Essen. Wir haben mittlerweile das Etschtal verlassen und sind im Schnalstal angekommen.

Der dritte Tag war der anstrengenste und forderndste. Zur 18 km entfernten Stettiner Hütte (2875m) benötigten wir 8 Std. und bewältigten dabei 1600 Hm im Aufstieg und 200 Hm im Abstieg.
Nach dem Frühstück ging es vom Montferthof los bei angenehmem Wetter wieder auf schönen Wegen bei leichtem Auf und Ab. Beim Voderkaser Hof verließen wir das Schnalstal und biegen in das Pfossental ein, das direkt zum Eisjöchl (2895m) führt. Bis zum Eishof (2070m) ging es immer leicht aber stetig bergauf. Beim Eishof machten wir Mittagspause und stärkten uns nochmals vor den letzten 800 Hm Aufstieg. Nun schlug das Wetter deutlich um. Während wir bis jetzt bei schönem und warmem Wetter die Wanderung genossen, war die Wetterprognose jetzt schlecht. Wir starteten zur letzten Tagesetappe, indem wir uns wetterfest anzogen. Nach kurzer Strecke ging es auch schon los. Erst mit leichtem Regen, der immer stärker wurde. Sturm und Gewitter kamen auf. Je höher wir auf dem Militärweg kamen, desto heftiger wurde es. Ca. 100 Hm unterhalb des Eisjöchl kam noch Nebel, Schnee- und Graupelfall hinzu. Der Weg war zunehmend von Altschnee bedeckt, und der Nebel erschwerte immer wieder die Sicht auf den Weg, der zeitweise wegen Altschnee nicht erkennbar war. Wir waren mittlerweile total durchnässt und die Finger waren von der Kälte steif und gefühlslos. Endlich hatten alle das Eisjöchl erreicht und die Hütte lag zum Greifen nahe.
Die Stettiner Hütte wurde 2014 von einer Lawine so stark beschädigt, dass sie abgerissen werden musste. Dort steht heute ein Provisorium und die halb fertige neue Hütte, die bis 2023 fertig sein soll.
Das Provisorium und die Wirtsleute waren eine Enttäuschung. Man kommt von außen direkt in den Aufenthaltsraum, der nicht selbst beheizbar ist. Jeder Neuankömmling bringt neue Kälte in den Raum. Der Fußboden stand im Wasser durch die nasse Kleidung. Die späteren Ankömmlinge wurden von den Erstankömmlingen ausgezogen, da sie selbst nicht mehr dazu in der Lage waren. Keine Hilfe von den Wirtsleuten, keine warmen Decken, kein Teeangebot, man steht während des Umziehens bibbernd im Wirtsraum. Nach eigener Teebestellung und Kleiderwechsel ist man langsam „aufgetaut“. Die Schlafcontainer sind zwar optisch schön und sauber, aber nicht beheizbar. WCs sind in einem der anderen Container untergebracht.
Nach dem Nachtessen verkrochen wir uns auch bald in unsere Betten.

Der Schneefall hatte gegen Morgen aufgehört und es lag nur noch eine dünne Schneedecke um die Hütte, die bis nach dem Frühstück auch fast ganz abgetaut war. Die Hütte hat keinen Trockenraum und keinen Schuhtrockner, aber die Bauarbeiter haben einen Schuhtrockner. So haben alle ihre völlig durchnässten Schuhe am Abend in mehreren Boxen abgegeben. Am Morgen waren die Schuhe zu unserer Überraschung tatsächlich total trocken. Danke an die Arbeiter.
Der Abstieg ins Pfelderer Tal war im Vergleich zum Vortag einfach. Vorsichtig gingen wir über die teilweise mit Altschnee bedeckten Serpentinen der Militärpfade. Der Aufstieg und Abstieg über das Eisjöchl verläuft auf guten Wegen, die das Militär vor dem zweiten Weltkrieg angelegt hat, um schnell Kanonen und Material von einem Tal zum anderen Tal verschieben zu können. Nach hundert Höhenmetern waren die Wege frei von Schnee, so dass wir angenehm ins Tal absteigen konnten. Nach zwei Stunden hatten wir auch schon 1000 Hm hinter uns gebracht und machten ein zweites Frühstück auf der Lazinser Alm (1860).
Gestärkt ging es weiter stetig angenehm bergab. Nun waren sie wieder da, die schönen Wege und herrliche Aussichten und Wasserfälle bei angenehmer Temperatur. Zur Mittagszeit verließen wir das Pfelderer Tal und bogen in das Passeiertal ein.
Ab 14 Uhr begann es wieder, wie angekündigt, mit Regen, Hagel und Gewitter. Das blieb so bis wir nach insgesamt 8,5 Stunden und 24 km endlich den Christl Hof, unser Quartier, erreichten. Nach 1800 Hm im Abstieg und 200 Hm im Aufstieg waren alle froh, dass wir die nassen Kleider ausziehen und unser 4er-Zimmer und 5er-Zimmer beziehen konnten. Der Christl Hof liegt direkt über St. Leonhard im Passeier und ist ebenfalls ein Bio-Bergbauern Hof. Trotz bestätigter Buchung hatten uns die Wirtsleute nicht erwartet und mussten schnell improvisieren. Die freundliche Wirtin machte den Umstand aber wieder wett. Es gab nur Eierspeisen zum Nachtessen, Spiegelei mit und ohne Speck, Rührei oder Omlette mit und ohne Käse oder Vesperplatte. Alles schmeckte gut und war ausreichend.

Nun kam die fünfte und letzte Etappe des Höhenweges. Die Wetterprognose für den Tag war leider wieder schlecht. Bei bewölktem Himmel ging es weiter stetig bergab bis zum tiefsten Punkt der Tour (820m), den wir auch nach 7 km und 300 Hm bergab erreichten. Jetzt hielten wir „Kriegsrat“ wie wir weiter verfahren wollen. Vor uns lagen noch 15 km und 800 Hm im Aufstieg und 500 Hm im Abstieg. Die Ü-50-Gruppe entschied sich für den Abstieg ins Tal, da sie nicht noch einmal „durchgeweicht“ werden wollte. Die U-50-Gruppe wollte auch den Rest unbedingt durchziehen und machte sich auf den Weg. Nach einer halben Stunde waren wir im Tal in St. Martin im Passeier und fuhren mit dem Bus nach Meran und weiter wieder bis zum Hotel Tiroler Kreuz wo wir uns erst mal einen schönen Kaffee mit Apfelstrudel genehmigten. Dann ging es wieder 400 Hm hoch zu unserem gebuchten Quartier wieder beim Gasthof Talbauer wie am ersten Tag. Nachdem wir dort gegen 16 Uhr angekommen waren, kamen auch schon bald die Zwei von der U-50-Gruppe trockenen Fußes angespurtet. Wir hätten das in der Zeit nie geschafft.
Eine halbe Stunde später goss es auch schon für den Rest des Tages in Strömen.

Den letzten Tag ließen wir langsam anlaufen und kamen erst später zum Frühstück. Wir verabschiedeten uns von den freundlichen Wirtsleuten und stiegen ins Tal ab zu unseren PKW und fuhren nach Meran in die Jugendherberge, wo wir schöne 2er-Zimmer und 5er-Zimmer bezogen. Den restlichen Tag verbrachten wir in Meran beim bummeln und einkaufen.
Am nächsten Tag fuhren wir wieder über das Timmelsjoch und den Fernpass zurück in die Heimat.

In Summe: eine herrliche Tour, die ich in Teilen wieder mal anbieten werde.

Bericht: Benno Hagel
Bilder: Teilnehmer

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