Als Ersatz für die wegen Corona abgesagte 3-Länder-Tour machten sich 12 Bergbegeisterte (2 m, 10 w) auf den Weg nach Osttirol. Im Gasthaus Pranzl-Bräu in Virgen fanden wir ein gutes Quartier und unternahmen von dort ausgedehnte und teilweise anspruchsvolle Tagestouren.
Samstag, 05.09.20
Nach ca. 400 km Fahrt erreichten wir Virgen in Osttirol. Nach dem Zimmerbezug und einer kleinen Stärkung lockten Sonne und Bergwelt zu einer kleinen Runde um den Ort. Zunächst wanderten wir durch Bergwiesen in den Nachbarort Obermauern, der mit einer besonderen Sehenswürdigkeit aufwartete. Die um 1450 erbaute, äußerlich unscheinbare Kirche „Maria Schnee“ beeindruckt mit faszinierenden spätgotischen Fresken, die das ganze Gotteshaus ausfüllen und wie in einem Bilderbuch die biblische Geschichte zeigen. Nach der Besichtigung ging es hoch über dem Tal zur Burgruine Rabenstein, die immer noch eine beeindruckende Anlage darstellt und zudem eine herrliche Aussicht über das Virgental bietet. Auf steilen Wegen stiegen wir vorbei an alten Bergbauernhöfen wieder hinab nach Virgen, um im Pranzl-Bräu das verdiente Abendessen zu genießen.
Sonntag, 06.09.20
Der Wetterbericht kündigte für den Nachmittag leichte Regenschauer an, deshalb wählten wir für die heutige Wanderung die nahe gelegenen Umbalfälle mit einem Besuch in der Clarahütte aus. Vom Parkplatz Ströden führte uns der Wasserschaupfad an der rauen und laut tosenden Isel hinauf ins eng eingeschnittene Umbaltal. Die Isel entspringt dem Umbalkees am westlichen Ausläufer des Großvenedigermassivs und gilt als Urfluss Osttirols. Besonders spannend wurde es oberhalb der Islitzer-Alm, wo sich der Wildfluss über mehrere Kataraktstufen stürzt und einen ständigen Sprühnebel in die Luft zaubert. Mehrere Aussichtsplattformen geben Ausblicke auf die Terrassen, auf denen sich die Isel sammelt, um schließlich wieder eine Stufe tiefer zu stürzen.
Leider hielt sich das Wetter nicht an die Prognose, so dass schon nach einer Stunde die Regenkleidung angezogen werden musste. Aber wir ließen sich nicht entmutigen und stiegen trotz Nieselregen entlang der tosenden Wassermassen hinauf zur Clarahütte, die wir pünktlich zur Mittagszeit mit den ersten Sonnenstrahlen erreichten.
Nach einer Stärkung und dem Trocknen der Kleidung wurde der Rückweg angetreten. Schon bald hörte man ein erstes Grollen, und kurz darauf tobte über dem Tal ein heftiges Gewitter, verbunden mit einem Wolkenbruch, der bis zum Erreichen der Autos nicht mehr aufhörte. Klatschnass erreichten wir das Gasthaus, wo der Heizraum zum Trockenraum für Kleidung und Bergschuhe umfunktioiert wurde.
Montag, 07.09.20
Schon am Morgen hingen über dem Tal dicke Regenwolken, und der Wetterbericht versprach auch für den Rest des Tages keine wesentliche Besserung. So nutzten wir der Vormittag für einen Stadtbummel in Lienz. Am Nachmittag bot uns ein Besuch im Nationalparkhaus Matrei spannende Informationen zum Thema Gletscher sowie eine Fotoausstellung faszinierender Naturaufnahmen aus dem Nationalpark Hohe Tauern.
Dienstag, 08.09.20
Strahlend blauer Himmel ohne eine einzige Wolke. Da gab es natürlich nach dem Frühstück kein Halten mehr. Nach kurzer Fahrt wurde das Matreier Tauernhaus erreicht, wo das erste Problem auf uns wartete: Am gut gefüllten Parkplatz warteten viele Wanderer auf den Transport mit Taxi oder Panoramazug nach Innergschlöss – vermutliche Wartezeit ca. 1 Std. Nach kurzer Diskussion entschlossen wir uns, die Strecke zu Fuß zurückzulegen. Vorbei an Außergschlöss und der Felsenkapelle bewältigten wir den Weg in ca. 1 Std., wobei wir kurz vor dem Ziel vom Panoramazug überholt wurden.
Kurz vor dem Talschluss beginnt der Gletscherweg Innergschlöss. Er führte uns zunächst noch gemütlich durch den Wald, dann aber auf immer steiler werdenden Stufenwegen an einem tosenden Wasserfall entlang aufwärts. Nach 1 ½ Std. war der steilste Teil des Aufstieges bewältigt, und wir konnten bei der Mittagspause den grandiosen Blick auf den Großvenediger richtig genießen. Nach dem Salzbodensee folgte noch ein kurzer Anstieg, dann standen wir beeindruckt am „Auge Gottes“, ein Ort, an dem man nur über die Schönheit der Natur und der Landschaft staunen kann.
Nach der Überschreitung des Gletscherbaches folgte ein weiterer Höhepunkt der Wanderung, der Aufstieg über die Felsen des Gletscherschliffes in Richtung Prager Hütte, immer den Großvenediger im Blick. Unterhalb der Alten Prager Hütte hatten wir dann den höchsten Punkt des Tages erreicht und stiegen auf steilen Pfaden wieder hinunter ins Gschlöss. Nach einer Einkahr in Innergschlöss brachte uns dann der Panoramazug zurück zum Tauernhaus.
Mittwoch, 09.09.20
Heute ging die Fahrt nach Kals am Großglockner, von wo uns die Seilbahn hinauf zur Adler-Lounge transportierte. Hier begann unser Aufstieg zum Rotenkogel (2762 m), der mit permanentem Panoramablick am steilen Rücken rasch in die Höhe führte. Nach einem flachen Zwischenstück begannen in der felsigen Flanke die Seilversicherungen, dann erreichten wir durch grobes Blockwerk den Gipfel mit seiner modernen Stahlplastik als Gipfelkreuz. Hier wurde uns allen klar, warum der Rotenkogel als einer der schönsten Aussichtsgipfel in Osttirol gilt, denn wir konnten ein 360-Grad-Panorama bestaunen, das von Großglockner und Venediger bis in die Dolomiten reichte.
Schließlich mussten wir den Platz auf dem Gipfel für die nachfolgenden Bergsteiger räumen und gingen auf den Anstiegsweg zurück. Vorbei an der Adler-Lounge wanderten wir hinab zum Kals-Matreier-Törl, wo wir bei Kaffee und Apfelstrudel nochmal die Aussicht bestaunten.
Donnerstag, 10.09.20
Ausgangspunkt der heutigen Wanderung war der große Parkplatz beim Lucknerhaus am Fuß des Großglockner, der vor dem Start natürlich ausgiebig fotografiert werden musste. Auf breitem Weg wanderten wir in gleichmäßiger Steigung aufwärts und erreichten nach zwei Stunden die Glorerhütte, von wo wir nach dem Begrüßungs-Schnapserl die Sicht über das Tal von Heiligenblut zur Goldberggruppe mit dem Hohen Sonnblick genießen konnten.
Die nächste Etappe des Tages führte uns auf dem Wiener Höhenweg durch die wilden Blockfelder am Kastenegg hinüber zum Peischlachtörl. Hier war absolute Trittsicherheit gefordert, aber alle Teilnehmer/innen bewältigten diese Strecke mit Bravour. Besonders gefragt war von den Frauen unterwegs der Blick zum „Bösen Weiberl“, was natürlich Anlass für entsprechende Kommentare der beiden männlichen Gruppenmitglieder war. Zunächst am Peischlachbach entlang, dann durch sumpfige Wiesen erreichten wir nach 5 ½ Std. Gehzeit wieder die Autos.
Freitag, 11.09.20
Unser Ziel war heute ein Besuch in der Nilljochhütte, die in aussichtsreicher Lage hoch über dem Virgental liegt und als besonderer Aussichtspunkt gilt. Leider hing dichter Nebel über dem Tal, der sich auch während des gesamten Aufstiegs nicht auflöste. So musste der viel gerühmte Panoramablick von der Hütte ausfallen, aber auch die Hütte selbst war eine Sehenswürdigkeit. Sie wurde 2010 im Stil eines Blockhauses aus dicken Baumstämmen erbaut, die aus Kanada importiert wurden und bietet allen Komfort, den man sich nur denken kann.
Für den Rückweg hatten wir uns den Abstieg über Wallhorn und Bobojach ausgesucht, mussten dort aber wegen einer Wegsperrung bis ins Tal absteigen, bevor wir vorbei an der „Hohen Bank“ wieder zum Wanderparkplatz bei den Höfen von Bodam aufstiegen.
Samstag, 12.09.20
Rund um das berühmte Glocknerdorf Kals in Osttirol führt an den seitlichen Hängen eine tolle Talrunde mit beeindruckendem Ausblick auf Gipfel der Glockner-, Granatspitz- und Schobergruppe. Diese Runde war Ziel unserer letzten Wanderung. Wir starteten dazu in Lesach und folgten zunächst dem Kalser Bach. Ein erster Anstieg brachte uns hinauf nach Lana zur Fatima-Kapelle und weiter zum Temblerhof. Da der Weiterweg gesperrt war, mussten wir nach Grossdorf absteigen und von dort am Bach entlang hinauf in Richtung Taurer wandern. Hier fanden wir mit dem „Lauschplatz“ ein herrliches Fleckchen für die ausgedehnte Mittagspause.
An der westlichen Talseite steuerten wir mit der Felsenkapelle einen nächsten Höhepunkt der Wanderung an. Die in einen riesigen Fels gebaute Kapelle wurde von einem Kalser Bauern als Dank für die gesunde Heimkehr aus dem 2. Weltkrieg gebaut, der Platz war aber schon in der Steinzeit ein Kultort.
Letztes Highlight des Tages war zum Abschluss die 55 m lange und 28 m hohe Hängebrücke bei Glor, die den Ködnitzbach überspannt und eine reine Touristen-Attraktion ohne praktische Bedeutung darstellt. Dann war es nur noch eine Stunde Gehzeit zurück nach Lesach, wo nach 5 ½ Std. Wanderzeit Getränke und Strudel besonders gut schmeckten.
Sonntag, 13.09.20
Heute war nur noch die Heimfahrt angesagt, also starteten wir nach dem Frühstück zur Rückfahrt durch den dichten Rückreiseverkehr und erreichten durch einige Staus am Nachmittag wieder Laupheim.
Fazit: Wir durften eine Woche in einer weitgehend unbekannten Gegend erleben, die uns viele schöne Bergerlebnisse schenkte und noch viele weitere Möglichkeiten bietet.
Bericht + Bilder: Konne