Hoch und weit – Skihochtour aufs Gross Grünhorn

Eine Skihochtourenausfahrt ins Berner Oberland sollte die Skitourensaison in der Sektion beenden. Geplant waren vier Tage mit Besteigung des Gross Grünhorns und der Äbeni Flue. Da das Wetterfenster leider nur drei Tage geöffnet war, entschieden sich die Tourenführer:innen für die Besteigung des größeren der beiden Gipfel: Das Gross Grünhorn mit 4043 Metern. Im folgenden Bild etwas links der Bildmitte. Ganz links das Finsteraarhorn.
Mitten in der Nacht starteten wir am Samstag also Richtung Spiez, um von dort eine der frühen Bahnen aufs Jungfraujoch, dem höchstgelegenen Bahnhof Europas, zu erreichen. Am späten Vormittag wurden wir wie geplant auf 3500 Metern ausgespuckt. Mit Eiger, Mönch und Jungfrau im Rücken und dem zum riesigen Aletschgletscher ziehenden Jungfraufirn vor uns starteten wir zu unserem ersten Gipfelziel. Durch einen kurzen Abstecher vom Louwitor erreichten wir das Louwihorn mit 3778 Metern. Zwar waren beim Aufstieg manche noch etwas benebelt von den 3000 Höhenmetern zwischen dem morgendlichen Treffpunkt und dem Jungfraujoch, die wir in weniger als acht Stunden zurückgelegt hatten. Trotzdem waren wir glücklich über die hohe Luft und die tollen Ausblicke aufs Aletschorn und seinen Gletscher, Äbniflue und andere Schönheiten.

Wegen der warmen Temperaturen war die Gipfelfreude jedoch kurz, denn in der Abfahrt sollten wir noch 1100 Höhenmeter zum Konkordiaplatz überwinden und einige Kilometer zur gleichnamigen Hütte. In brütender Nachmittagshitze stellten wir unsere Skier nach Abfahrt und Überquerung schließlich am Rande des Gletschers ab. Von dort durften wir, der Klimaerwärmung sei Dank, noch rund 500 steile Metallstufen und ca. 150 Höhenmeter zur Hütte und zum rettenden Kaltgetränk hinaufstapfen. 1877 reichte der Gletscher noch bis kurz unter die Hütte, wie ein Foto auf der Hütte verrät.

Bis kurz unters Dach gefüllt war auch die Hütte selbst und so genossen wir mit rund 150 anderen Skitouristen aus aller Herren Länder gut gemachte Pasta al Pomodoro, Suppe und Salat aus dem Helikopternetz.

Wieder sehr früh starteten wir am nächsten Morgen zum geplanten – geografischen – Höhepunkt des Skitourenjahres. 30 Grad kälter als am Vortag war es, als wir in der morgendlichen Dunkelheit die Ulmer Münster hohen Treppen wieder hinabstiegen. So waren wir froh beim anschließenden Aufstieg zwischen Gletscherbrüchen hindurch und über steile Flanken hinweg ein wenig aufzuwärmen. Am Ende wartete das Gross Grünhorn mit einem stark frequentierten, aber dafür gut eingeschneiten schmalen und ausgesetzten Gipfelgrat auf. Verkehrsmittel der Wahl waren nun Steigeisen. Glücklich und ein wenig geschafft standen wir nach knapp sechs Stunden auf dem für die Größe des Berges recht kleingeratenen Gipfel auf 4043m. Rundherum blitzten durch die Wolken all die prominenten Hörner des Berner Oberlands.

Zurück auf den Skiern forderten 400 Höhenmeter grob zerfahrener Bruchharsch Knie und Koordination, bis wir schließlich über zart aufgefirnte Hänge leicht zum Gletscherbecken hinabwedelten. Goldene Momente. Nach einer kurzen Mittagsruhe auf dem Gletscher ließen abermals die 500 Büßerstiegen hinauf zur Konkordiahütte den Schweiß von der Nasenspitze tropfen. Die Hütte war wegen des endenden Wochenendes und des nahenden Wetterumschwungs deutlich weniger belegt und es wartete ein entspannter Abend mit einem wieder leckeren Abendessen.

Der dritte Tourentag startete bei Sonnenaufgang. Erste Etappe: der weite Weg über den episch großen Aletschgletscher hinüber zur Lötschenlücke. Bei aufkommender tiefer Bewölkung, Wind und leichtem Schneefall legten wir die flachen acht Kilometer entlang der Nordwände des Aletschhorns zügig zurück. Von der Lötschenlücke fuhren wir noch einmal 1400 Höhenmeter ab – teils schön über Firn, teils holprig über Lawinenkegel. Als der Schnee zu Ende war, schulterten wir die Ski bis zur Fafleralp im Lötschental, wo uns frisches Grün, Alpenveilchen, Krokus und fette Küchenschellen begrüßten. Der plätschernde Brunnen an der Alp war das erste fließende Wasser seit Tagen. Auf der Konkordiahütte gibt es zwar Aperol Spritz, aber kein fließendes Wasser, 150 Meter über einem Meer aus Eis. Oder treffender: einer Wüste aus Eis.

Shuttle, Bus und Bahn brachten uns schließlich mit Schweizer Präzision zurück nach Spiez. Dort beendeten wir mit Ausblick auf den Thuner See eine abenteuerliche Westalpen-Rundtour mit viel Höhe und viel Weite.
Ein Dank an die Tourenführer:innen Flora, Jörg und Tobias für die beeindruckenden Wege auf und über dem Aletschgletscher, dem längsten und größten Alpengletscher. Eine schwindende Schönheit, der man beim Schwitzen zuschauen kann. Wenn man möchte, mit einem Aperol Spritz aus dem Helikopternetz in der Hand.

Tourenbericht: Michael Brugger
Bilder und Bildauswahl: Tobias Bailer

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