Hochtouren im Wallis – Bishorn


Nach Beendigung des Eiskurses im vorigen Jahr auf der Braunschweiger Hütte stellte Kursleiter Konsti uns die Frage, auf welchen Berg wir denn im nächsten Jahr als „erste richtige Hochtour“ gehen wollten. Etwas verblüfft ob der tollen Möglichkeit fiel uns erstmal nur „irgendwas mit ner ´4` davor“ ein, was schließlich in das Bishorn (4.151 m) im Wallis mündete.

Ein Jahr später starteten wir zu sechst vomParkplatz im idyllischen Senntum Turtmanntal (1.900 m) aus auf die Turtmannhütt  (2.519 m), von der aus wir einen ersten Blick auf das Bishorn und die Gletscherzunge des Turtmanngletschers werfen konnten. Vor der Hütte wächst sogar Edelweiß, und in der Hütte gab es tolle schweizerische Organisationsmöbel: Jeder Nächtigungsgast erhält eine Box, in der man seine Habseligkeiten verstauen kann. Statt wild verteilter Gegenstände in Matratzenlager und Trockenraum verbleiben nur noch zwei Möglichkeiten: Box oder Rucksack – schließlich hat man ja auch nur zwei Gehirnhälften.

Am nächsten Morgen stiegen wir über das drahtseilversicherte „Gässi“ als erste Akklimatisierungstour über Moränen und Schutthänge gletscherfrei auf die Barrhörner auf. Für die erfahreneren Skitourengänger kam hier die Erkenntnis, dass dieser höchste gletscherfreie Wandergipfel der Alpen im Winter auch ein interessantes Tourengebiet sein könnte.
Am Schöllijoch (3.343 m) angekommen empfing uns starker Wind, der langsam nachließ und wir konnten vom Inner Barrhorn (3.583 m) und dem Üsser Barrhorn (3.610 m) aus den Tiefblick in die ostseitigen Felswände und die umliegenden 4.000er genießen. Im Abstieg surften wir die Geröllfelder hinunter und kamen früh auf der Hütte an, um in Trockenübungen nochmals in Dreierseilschaften die Spaltenbergung sowie im naheliegenden Klettergarten die Selbstrettung zu üben.

Tag Drei starteten wir zur nächsten Akklimatisierungstour wieder über das Gässi, dieses Mal aber mit Steigeisen über den Brunegggletscher in Richtung Brunegghorn (3.831 m). Nach den ersten Metern mit Blankeis ging es durch leichtes Büßereis und kurzzeitig durch einen spaltenreichen Bereich, bei dem wir im Zickzack Bögen um Schneebrücken machten.
Nach einer kurzen Pause stiegen wir die letzte Steilstufe zum südlich des Brunegghorns gelegen Sattels auf. Im linken Bereich waren zwar noch Skispuren sichtbar, allerdings lagen die vormals überquerbaren breiten Gletscherspalten frei. Wir stiegen daher auf der rechten Seite auf, mussten uns aber auch hier zwischen den Spalten im Hang einen Weg suchen. Einen kritischen Übergang sicherten wir mit einer Eisschraube ab und erreichten auf gut 3.700 m Höhe die Schuttschulter des Brunegghorns. Der Blick von hier auf den nackten, ausgewaschenen Felsrücken war wenig einladend, und wir machten hier unsere Fast-Gipfelpause. Die Blicke auf den gegenüberliegenden nordseitigen Hängegletscher des Weisshorns (4.505 m), den Dom (4.546 m) und das 2.300 Höhenmeter tiefer gelegene Mattertal waren allemal überwältigend. Garniert wurde die schöne Aussicht von Konsti´s Haribo-Tüten mit Kirschen und Fröschen
Im Abstieg versuchten wir uns zuerst im Bereich, wo vor uns Skitourengeher unterwegs waren – da das Gelände zu unsicher war, folgten wir dann doch unserer eigenen Aufstiegsspur. Den spaltenreichen Bereich weiter unten umgingen wir indem wir uns im Abstieg möglichst weit rechts hielten und stiegen fast über den gesamten Brunegggletscher ab, bis wir kurz vor der Gletscherzunge über vom Eis glatt geschliffene Felsen leicht weglos nach ca. zehn Stunden übers Gässi zur Turtmannhütte zurückkehrten. 

Tag Vier wurde technisch einer der anspruchsvollsten Tourentage: Wir querten kurz den unteren Bereich des Brunegggletschers, stiegen dann über einen leichten Klettersteig auf den Adlerflügel (2.923 m), einen vorgelagerten Bergrücken. Von dort folgte ein leichter Abstieg bis zum flachen Bereich des Turtmanngletschers. Von dort stieg wir anfangs unangeseilt ca. 50 Meter auf, bevor wir mit Eisschrauben gesichert die nächsten zwei Seillängen über ca. 40 Grad steiles Blankeis aufstiegen. Da der obere Bereich der Steilstufe auf Grund zu vieler Spalten nicht mehr passierbar ist, folgten wir dem neu angelegten Weg rechts des Gletschers. Dieser Weg eröffnet beeindruckende Blicke auf den oberen Gletscherbruch und das Massiv aus Bishorn (4.151 m) und Weisshorn (4.505 m) und führt auf ca. 3.000 m Höhe zurück auf den Gletscher, über den es leicht ansteigend zur Cabane de Tracuit (3.256 m) geht. Diese präsentiert sich als hochmoderne Blechdose mit viel Platz und beeindruckender Aussicht durch ein Panoramafenster auf Zinalrothorn (4.221 m) und viele andere schöne Berge, die alle gemeinsam haben, dass sie die freie Sicht auf das Matterhorn verdecken – was eigentlich nicht weiter stört. 

Tag Fünf: Das Bishorn ist einer der leichteren, und daher auch von sehr vielen begangenen 4.000ern. Um dem Herdenauftrieb möglichst aus dem Weg zu gehen, starten wir (wie alle anderen auch) so früh wie möglich. Das Gelände ist deutlich einfacher als am Vortag, dafür waren aber auch deutlich mehr Seilschaften unterwegs, was aber nur im unteren Bereich zu leichtem Stau führte.
Anfangs ging es über einen flachen, teils schneebedeckten Gletscher, dessen Spalten leicht zu erkennen waren. Anschließend folgten wir wie alle anderen Seilschaften der vorhanden Spur über die nordöstliche Gletscherrrampe Richtung Bishorn. Auf 4.100 m wurden wir von gefrorenen Exkrementen begrüßt, bevor wir die letzten Meter auf den Gipfel des Bishorns (4.151 m) aufstiegen. Oben erwartete uns eine überwältigende Aussicht auf den Nordgrat zum Weisshorn (4.505 m), den Monte Rosa, (4.634 m), den Mont Blanc (4.809 m) sowie Paraglider die von morgens bis kurz vor Sonnenuntergang von hier aus starten. Wir stiegen eher klassisch über die Aufstiegsroute wieder ab, den Tête de Milon (3.693 m), den wir noch als fakultativen Zweitgipfel auf der Liste hatten, ließen wir auf Grund von Sonneneinstrahlung und schwindender Gruppenmotivation links liegen. 

Am nächsten Morgen stiegen wir von der Cabane de Tracuit (3.256 m) den Aufstiegsweg von vor zwei Tagen wieder ab, diese Mal bis zum Parkplatz am Senntum Turtmanntal (1.900 m). Den Abstieg über das Blankeis des Turtmanngletschers sicherten wir über drei Seillängen mit Eisschrauben, und am Klettersteig seilte Konsti weniger erfahrene Teilnehmer ab.

Nach vier tollen, beeindruckenden Tagen mit Geröll, Fels, Eis und Schnee wurden wir schließlich von den ersten Bäumen, Blumen und deren Düfte sowie einem angenehm temperierten Gebirgsbach begrüßt. 

Vielen Dank Konsti für eine tolle Hochtourenzeit, den ersten 4.000er und die Möglichkeit die Lerninhalte aus dem Hochtourenkurs in der Praxis umsetzen zu können. Und ebenso vielen Dank an Tina für die lange, sichere Fahrt ins Wallis und zurück. 

Bericht: Armin Parr
Bilder: Teilnehmer

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